Kommunalwahlprogramm 2014 der FDP im Landkreis Gotha
„Die Gemeinde ist wichtiger als der Staat und das Wichtigste in der Gemeinde sind die Bürger.“
Theodor Heuss, 1. Bundespräsident (1949-1959)
Die Kandidaten der FDP im Landkreis Gotha stehen für Freiheit, Aufrichtigkeit und Leistungsbereitschaft. Wir setzen auf den mündigen Bürger. Individuelle Verantwortung, Bürgerbeteiligung, Selbstorganisation, Toleranz und kulturelle Vielfalt bestimmen als liberale Prinzipien unsere Politik in den Städten und Gemeinden des Landkreises.
Wir setzen uns gegen staatliche Bevormundung, für den Schutz privaten Eigentums und die Förderung ehrenamtlichen Engagements ein. „So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich“, ist das Motto unserer Gesellschaftspolitik. Freiheit der Bürger und eine rechtsstaatliche, demokratische Ordnung gehören für uns zusammen. Alle Einschränkungen der privaten Lebensführung durch Satzungen müssen sorgfältig geprüft werden. Wir wollen eine überschaubare Regelungsdichte in unseren Kommunen.
Die Bürgergesellschaft entsteht in den Städten, Gemeinden und im Landkreis durch das Miteinander und Füreinander der Bürger. Die Kommunalpolitiker und Kandidaten der FDP stehen an der Seite der Bürger und wollen privates Engagement und Selbstorganisation fördern. Mit diesem Programm werben die Mitglieder der FDP im Landkreis Gotha um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger und das damit verbundene Vertrauen.
Unser Programm ist besonders von diesen Leitlinien geprägt:
- Alle Bürgerinnen und Bürger sollen bis ins hohe Alter ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können.
- Staatliche Überregulierungen widersprechen dem liberalen Freiheitsgedanken.
Bürokratieabbau und die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren erleichtern das Zusammenleben in den Kommunen.
- Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die der Abwanderung von Menschen jeden Alters aus der Heimat entgegenwirken.
- Es gilt die medizinische Versorgung im Landkreis zu sichern und dem Ärztemangel weiter entgegenwirken.
- Wir wollen bestehende Konzepte für die positive Entwicklung des Landkreises zügig umsetzen und die Rahmenbedingungen für Investoren verbessern.
- Die Erzeugung und Nutzung sowie Weiterleitung der Erneuerbaren Energien und anderer Energieströme darf nicht zu Lasten des Lebensumfeldes der Bevölkerung gehen. Deshalb sind wir gegen ein Pumpspeicherwerk im Thüringer Wald und insbesondere am „Rennsteig“ sowie gegen eine neue 380 KV Stromtrasse im Raum Gotha.
- Die Ressource Trinkwasser, das „Blaue Gold“ des Landkreises , ist für ganz Thüringen zu sichern.
1. Die Bürger entlasten
Grundlage einer erfolgreichen Finanz- und Haushaltspolitik ist nach Auffassung der FDP Gotha in erster Linie eine vernünftige kommunale Wirtschaftspolitik. Unser Ziel ist es, die Zahlungsfähigkeit des Kreises Gotha zu gewährleisten, die Finanzkraft des Kreises Gotha langfristig zu stärken und die Belastung der Bürgerinnen und Bürger mit Gebühren und Abgaben auf einem erträglichen Niveau zu begrenzen. Freiwillige „Wohlfühlleistungen“ dürfen nicht mit den notwendigen Grundleistungen vermischt werden und diese belasten.
Wir setzen uns für eine Abschaffung des bestehenden Kommunalabgabengesetzes ein. Die finanzielle Belastung der Grundstückseigentümer und Bürger darf trotz des weiterhin hohen Bedarfes beim Straßenausbau und Abwasseranlagenbau nicht durch Kommunalabgaben weiter erhöht werden. Die Beteiligung der Grundstückseigentümer an Rückzahlungen in den städtischen Sanierungsgebieten ist an Grundstücksveräußerungen zu koppeln, um die laufende Unterhaltung der Grundstücke nicht unmöglich zu machen. Bisher nicht erbrachte Leistungen nach Kommunalabgabengesetz sowie Leistungen aus zurückliegenden Wahlperioden dürfen nicht in Ansatz gebracht werden. Es sind Voraussetzungen zu schaffen, dass bei einer sich ändernden Rechtssituation in Thüringen künftig die kommunale Vorsorge von allen Bürgern mitgetragen wird.
Die Konsolidierung und Strukturierung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung sowie der Gewässerunterhaltung durch Zusammenschluss zu wirtschaftlich starken Verbänden ist weiter fortzuführen. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind Daseinsvorsorge, kosten Geld und müssen finanziert werden. Zur Entlastung der Bürger ist hierzu in den Verbänden eine verbrauchsabhängige Kostenteilung mit Wasser- und Abwasserpreisen auf privatrechtlicher, betriebswirtschaftlich kostendeckender Basis anzustreben. Die FDP Gotha wird gegenüber Verbänden mit wirtschaftlichen Problemen die Lösung dieser Probleme in Verbindung mit Nachbarverbänden auch in angrenzenden Landkreisen einfordern.
Die FDP Gotha lehnt eine weitere Erhöhung der kommunalen Steuerhebesätze sowohl für Privatpersonen, als auch für Unternehmer und Freiberufler grundsätzlich ab.
2. Die Wirtschaft stärken
Die FDP steht für eine enge Verzahnung zwischen Wirtschaft und Bildung. Wir wollen eine weitere Entrümpelung der Bürokratie und die Entwicklung der Verwaltungen zu Dienstleistern ihrer Bürger. Eine weitere Ausgliederung von nicht hoheitlichen kommunalen Dienstleistungen in privat-rechtliche Form ist anzustreben.
Die FDP Gotha spricht sich für eine grundsätzliche Neuorganisation der kommunalen Wirtschaftsförderung im Landkreis Gotha aus. Zum effektiven Betreiben einer finanzierbaren, modernen und europäisch ausgerichteten kommunalen Wirtschaftsförderung bedarf es einer kommunalen GmbH, die aktiv, flexibel und professionell für den Landkreis und seine Kommunen arbeitet. Gesellschafter der GmbH sollten neben dem Landkreis die Städte des Landkreises und die Kreissparkasse Gotha sein.
Aufgaben der kommunalen Wirtschaftsfördergesellschaft:
• Vermarktung von Gewerbe- und Industrieflächen
• Werben von Investoren für Neuansiedlungen
• Entwicklung und Vermarktung innerstädtischer Marketingkonzepte
• Koordinierung zwischen LEG und Kommunen
• Aus- und Weiterbildung von Existenzgründern
3. Die Umwelt für und mit den Bürgern schützen
Für die FDP ist eine vernünftige Rahmenpolitik für die Wirtschaftsentwicklung eng verflochten mit den liberalen umweltpolitischen Zielen. Es sind wirtschaftliche Zukunftsvisionen, unter der Prämisse eines vorbeugenden Schutzes der Umwelt, insbesondere der Luft, des Wassers und des Bodens zu entwickeln, um ein intaktes ökologisches Gleichgewicht für die Zukunft zu schaffen.
Die regionalen Auswirkungen des (globalen) Klimawandels in Thüringen entsprechend des Programmes „IMPAKT“ sind auf Grundlage des Klimaschutzkonzeptes für den Landkreis weitergehend zu ermitteln. In Auswertung dieser weiteren Schritte des Klimaschutzkonzeptes können Impulse und Innovationen für eine nachhaltigere Lebenswirklichkeit in der Region Gotha und den benachbarten Gebieten abgeleitet werden.
Der Landkreis Gotha mit seinem „Blauen Gold“ aus dem Talsperrensystem Ohra-Schmalwasser-Tambach-Dietharz und dem Quellgebiet der Apfelstädt einschließlich der aus den benachbarten Landkreisen übergeleiteten Gewässern Hasel und Gera soll im Ergebnis der Auswertung des Klimaanpassungsprogramm „IMPAKT“ mit der Trinkwasseraufbereitungsanlage Luisenthal und Fernwasserleitung als Trinkwasserversorgungszentrum von Thüringen ausgebaut werden.
Wir wollen, dass langfristig tragfähige Strukturen zur Unterhaltung und Pflege der Gewässer, Hochwasserschutz sowie zum Schutz des Bodens entwickelt werden.
4. Den Tourismus ankurbeln
Die FDP tritt dafür ein, in den Städten und Kommunen die Rahmenbedingungen für Wirtschaft, Umwelt und Tourismus so zu gestalten, dass bürgerliche Eigeninitiativen gestärkt und ordnungspolitisch unsinnige Einflussnahmen reduziert werden. Wir setzen uns für die Innenstadtbelebung, Einkaufszentren sowie den Wegfall der Parkgebühren ein. Geschwindigkeitskontrollen sollen nur an Gefahrenschwerpunkten wie Schulen und Kindergärten erfolgen und nicht der Aufbesserung der Stadtkasse durch Abkassieren der Autofahrer dienen.
Die FDP plädiert für die Schaffung von ganzheitlichen, überregional wirksamen Tourismuskonzepten unter Einbeziehung von Traditionspflege und Geschichtsbewusstsein. Wir wollen eine Intensivierung der Tourismusförderung und überregionalen Vermarktung, vor allem über die „neuen Medien“. Dabei ist auf ständige Aktualität Wert zu legen. In diesem Zusammenhang ist ein Schwerpunkt der professioneller Ausbau der Standortfaktoren wie zum Beispiel das Schloss Friedenstein, das Barocke Universum, die neue Gothaer Bibliothek, die Pferderennbahn „Boxberg“, das Schloss Rheinhardsbrunn sowie die Vermarktung der niveauvollen Sportanlagen in Gotha und im Kreisgebiet für überregional bedeutsame Großveranstaltungen.
5. Die Bildung als Bürgerrecht sichern
Lebenslange Bildung ist Bürgerrecht, sie bestimmt die Lebenschancen des Menschen und ist die wichtigste Investition in die Zukunft. Durch professionelle Bildungskonzepte von der frühkindlichen Förderung bis zur Erwachsenenbildung wird ein optimales Bildungsergebnis für jeden Einzelnen ermöglicht.
Die bis zum Jahre 2017 ausgewogene Schulnetzplanung für alle Schulformen ist beizubehalten. Die nächste Schulnetzplanung ist so zu gestalten, dass für Lehrer und Schüler optimale Bedingungen geschaffen werden und dabei auch die wirtschaftlichen Aspekte stärker Beachtung finden.
Die Bausubstanz aller Schulen und deren technische sowie materielle Ausstattung sind zu verbessern und dauerhaft zu erhalten. Dies umfasst im Besonderen die Neuerrichtung und Unterhaltung von Sportanlagen.
Die Autonomie an den Schulen ist zu erhöhen. Schulleitungen erhalten ein begrenztes Budget, um Kleinstreparaturen selbst auslösen zu können. Dadurch werden langen Verwaltungsprozedere ausgeschlossen und die Schadensbehebung effektiver gestaltet.
Freie Bildungsträger sind ein wichtiger Bestandteil der Bildungslandschaft. Deshalb sind sie auch weiterhin zu unterstützen und zu fördern, um ein vielfältiges Angebot an Bildungsmöglichkeiten in unsere Region als bedeutenden Standortfaktor vorhalten zu können.
Wir wollen die zurzeit im Landkreis Gotha ansässigen staatlichen Fachschulen erhalten und plädieren für die Zusammenlegung der Verwaltungsfachhochschule Gotha mit der Verwaltungsschule Weimar am Standort Gotha.
6. Die Infrastruktur erhalten
Dem in den letzten Jahren stetig zunehmenden Ärztemangel im Landkreis ist ein tragfähiges Konzept zum flächendeckenden Erhalt der ambulanten ärztlichen Versorgung entgegenzustellen. Die Initiative der Kreis-FDP „ Runder Tisch zur Hausarztversorgung im Landkreis Gotha“ ist ein Schritt in die richtige Richtung. Diese Initiative gilt es weiter zu verfolgen und auszubauen.
Sport bietet vielen Menschen Freiraum für Aktivität, Entspannung und ein harmonisches Miteinander. Darüber hinaus tragen Erfolge im Leistungssport den Namen unseres Kreises weit über die Landesgrenzen hinaus. Die finanzielle und materielle Unterstützung des Kreises ist sowohl auf die breitensportliche Vereinstätigkeiten als auch auf den Hochleistungssport auszurichten. Es bedarf zukunftsfähiger und flexibel nutzbarer Sportstätten in strukturell ausgewogener Verteilung im Landkreis.
Ziel ist es, den Landkreis Gotha für alle Bürger zur Heimstätte mit hoher Lebensqualität werden zu lassen. Öffentliche Einrichtungen sind den Bedürfnissen aller körperlich und geistig beeinträchtigten Mitbürger entsprechend, anzupassen.
Zur Erhaltung und Neuansiedlung von Wirtschaft und Gewerbe, sowie zur Erhöhung der touristischen Attraktivität des Landkreises ist ein schlüssiges Verkehrskonzept unerlässlich. Dieses kann in enger Zusammenarbeit mit der Fachschule für Bau, Wirtschaft und Verkehr erstellt werden. Dabei sollte ein Schwerpunkt auf die Erhaltung und Optimierung des öffentlichen Personennahverkehrs und der Anbindung des ländlichen Raumes an die Städte gelegt werden. Bestehende Bahnstrecken wie z.B. die Waldbahn und Straßenbahnlinien sollen erhalten bleiben und die Fahrpläne an den Schnittstellen Bus/Schiene optimiert werden. Das sichert u.a. die Mobilität unserer älteren Mitbürger. Zur Sicherung der organisatorischen, finanziellen und wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit des Kreisgebietes sind mit dem Land und benachbarten Kreisgebieten Vereinbarungen über kommunale Zusammenarbeit abzuschließen.
Der Zugang zum Internet ist heute als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge anerkannt. Er sichert gesellschaftliche Teilhabe der Bürger und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Jedermann muss unabhängig von seinem Wohn- und Arbeitsort über einen angemessenen Zugang zum Netz verfügen. Angemessenheit bedeutet Breitbandigkeit des Zugangs. Wir setzen uns für unseren Landkreis Gotha dafür ein, in-nerhalb von zehn Jahren flächendeckend Bandbreiten von mindestens 100 Mbit/s verfügbar zu machen. Dabei setzen wir auf einen zügigen, planmäßigen Glasfaserausbau bis in die Wohnung (FTTH). Die notwendigen Rahmenbedingungen müssen in Thürin-gen und auch dem Landkreis Gotha gesetzlich abgesichert werden. Dazu zählt wie be-reits in Hessen und Baden-Württemberg seit Jahren üblich vor allem eine Verpflich-tung zur Verlegung von Leerrohren bei allen öffentlich geförderten Tiefbauarbeiten. Der Glasfaserausbau soll auch zukünftig durch zielgerichteten Einsatz von Fördermitteln unterstützt werden. Stationäre Internetzugänge per Mobilfunk (LTE) betrachten wir lediglich als Zwischenschritt bis zur Glasfaserversorgung.
7. Die Energieversorgung sichern ohne das Lebensumfeld der Menschen einzuschränken
Die im Klimaschutzkonzept ermittelten Erzeugerpotenziale an Erneuerbaren Energien sowie Einsparungseffekte an Wärmeenergie in den Gebäuden einschließlich der Verringerung des Verbrauchs an flüssigen Treibstoffen gilt es weiter zu aktualisieren und die Einsparungsmechanismen zu verbessern. Die erforderlichen Anschlüsse und Verbindungen an die vorhandenen Strom- und Gasleitungen sind auf ein Minimum zu reduzieren. Das Lebensumfeld der Bevölkerung und die Infrastruktur der Daseinsvorsorge dürfen durch die Erzeugung und Nutzung der Erneuerbaren Energien sowie durch energetische Einsparungsmaßnahmen nicht eingeschränkt werden.
Wir lehnen in Planung befindliche Pumpspeicherwerke im Naturpark Thüringer Wald, insbesondere am Rennsteig, dem nationalen Symbol Thüringens, ab. Damit bedarf es auch keiner 380 KV Starkstromleitung westlich von Gotha zum Anschluss an die überregionale Ost-West Tangente.
Sofern der energetische Nachweis für die Energiespeicherung und Energieregelung aus Erneuerbaren Energien im Raum Gotha und Nachbarkreisen im Klimaschutzkonzept erbracht wird, sind alternative, dezentrale, nachhaltige und sinnvolle Speichertechnologien und Speicherstandorte einschließlich der Anschlüsse an das regionale Thüringer 110 KV Verteilernetz zu untersuchen.
Eine sichere Energieversorgung und die Sicherung der Ressource Trinkwasser, der Natur, der Landschaft sowie Sport und Erholung sind Impulse für die Region und schließen sich gegenseitig nicht aus.