Der FDP-Ortsverbandsvorsitzende von Waltershausen, Christian Döbel, fordert ein "Update" des aus seiner Sicht nicht mehr unbedingt zeitgemäßen Bildungssystems im Freistaat. "Musik, Kunst oder Ethik sind sicher wichtige Unterrichtsfächer, aber der Wohlstand unserer Gesellschaft wird in erster Linie durch die Entwicklung und Vermarktung hochwertiger technischer Produkte gesichert - und da ist unsere Bildung teilweise im 19. Jahrhundert stehen geblieben!", kritisiert Döbel.
Der promovierte Ingenieur bildet selbst nebenberuflich Studenten aus und bemerkt dabei ein abnehmendes Interesse junger Leute an den Ingenieurwissenschaften in Thüringen. Auch ist er davon überzeugt, dass sich eine Gesellschaft hier selbst helfen muss, indem es viel früher im Bildungsbereich Begeisterung für Technik weckt - Hilfe von außen ist für ihn eher Augenwischerei als ein tragfähiger Ansatz für den Freistaat.
Mit der Ausbildung von Schülern in diesem Bereich ist Döbel dabei auch selbst aktiv geworden. Zum einen betreut er eine Seminarfacharbeit von Abiturienten in Rudolstadt, in deren Rahmen Funktionsfasern, die am Thüringischen Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung (Rudolstadt) unter seiner Leitung entwickelt werden, in Textilien integriert werden. "Die Begeisterung der Schüler für ein solch innovatives Projekt, bei dem unsere Fasern zur Sturzerkennung für den Einsatz in Wohnungen für alleinlebende, alte Menschen eingesetzt werden, hat mich beeindruckt", so Döbel. Bisher wurden nicht nur Sturz erkennende Matten hergestellt, sondern bereits mit der Entwicklung von Auswerteelektronik und Software begonnen. Da Döbel selbst jahrelang ESP-Steuergeräte bei der Firma Bosch programmiert hat, leitet er die Schüler persönlich an, wobei ihn das hohe Maß an Neugier immer wieder fasziniert.
Das hat ihn dazu verleitet, zum anderen gemeinsam mit Frank Paulig von Albert-Schweitzer-Gymnasium in Erfurt sowie dem dort ansässigen Schülerforschungszentrum einen Kurs "Mikrocontrollerprogrammierung" anzubieten, der am 26. Januar reges Interesse fand. Während in der ersten Stunde theoretische Grundlagen anhand einer selbst geschriebenen Software in der Programmiersprache C gemeinsam erlernt wurden, ging es danach sofort in die Praxis. Die ursprüngliche Aufgabe, mehrere Lampen mittels eines AT Mega 8-Controllers zu steuern, wurde durch Änderungen in der Software ständig erweitert. Es kamen Werkzeuge wie die Erstellung eines Zustandsautomaten für Echtzeitprogramme zum Einsatz, auch das "Bugfixing" stieß auf rege Beteiligung. Zurzeit wird bereits gemeinsam an einer Fortsetzung des Kurses gearbeitet.
Auch hier war Döbel positiv überrascht über die schnelle Auffassungsgabe der Schüler. "Schüler von der fünften Klasse an sollten mindestens eine Stunde in der Woche Technik lernen", fordert der FDP-Politiker. "Nicht nur, um die Scheu zu nehmen, sondern um die Zusammenhänge zu begreifen, die sich in jeder Kaffeemaschine, jedem Toaster oder jedem Mobiltelefon permanent abspielen. Nicht jeder muss gleich Ingenieur werden, wie ja auch nicht jeder durch Sportunterricht Fußballweltmeister wird!"
Im Rahmen dieses Unterrichts sollten nach seiner Meinung auch Maschinenschreiben oder die Programmierung von Apps für Smart Phones wie die Herstellung elektronischer Schaltungen gelehrt werden. Eine Verknüpfung zu Informatik und Physik hält er zwar für sinnvoll, dennoch sollte der Schwerpunkt klar bei späteren Anwendungen liegen. Der Lehrplan sollte außerdem gemeinsam mit Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft entwickelt werden, damit die nötigen Kenntnisse von (über)morgen auch Beachtung finden. Selbst beim Lehrpersonal wird es aus Sicht des Elektrotechnikers nicht ausreichen, allein auf Altbewährtes zu setzen - hier sollten parallel zu den Pädagogen auch Ingenieure mit jahrelanger Berufserfahrung eingesetzt werden. "Die Alternative ist für mich weiterhin verzweifelt das Fehlen von Ingenieuren und Technikern festzustellen und nicht wirklich nach den Ursachen zu fragen - also ein "Weiter so!‘ der Landesregierung!"